Anknüpfen an die ewige deutsche Idee

Timo Kölling sprach über die Neuzeitkritik Leopold Zieglers

Timo Kölling

Timo Kölling

Der badische Philosoph Leopold Ziegler (1881–1958) gehört zu den weithin vergessenen konservativen Denkern des zwanzigsten Jahrhunderts. Der Heidelberger Philosoph und Dichter Timo Kölling erinnerte am 7. Juli 2016 in der Bibliothek des Konservatismus an den Gelehrten, den Jüngere wie Edgar Julius Jung, Ernst Jünger, Walter Nigg und Frithjof Schuon als Lehrer verehrten. Obgleich ihm die Habilitation und damit eine klassische akademische Laufbahn verwehrt blieben, entfaltete Ziegler eine beachtliche Wirksamkeit, die 1929 in der Verleihung des Goethepreises der Stadt Frankfurt ihren Ausdruck fand.

Zentrum des Zieglerschen Denkens war der Mythos, also jene Bilderwelt, in der traditionsgebundene Rechts- und Gesellschaftsordnungen sich gründen. In seiner Gegenwart sah Ziegler indes nichts von dem verwirklicht, was der Mythos als Formgesetz den Deutschen aufgegeben hatte. Im Gegenteil: Die dem deutschen Wesen entsprechende „Form“ war vom Volk verraten worden zugunsten der ärgsten Formlosigkeit. Darauf wies er noch 1932, am Vorabend der Machtergreifung, hin. Sie war für Ziegler nachgerade Ausdruck der „fallenden Linie der Neuzeit“ und die nationalsozialistische Revolution nur eine weitere in dem ihm suspekten „Zeitalter der Revolutionen“.

Als Kontinuität und Einheit gewährleistendes Gegenbild erschien Ziegler der Mythos, namentlich der Logos als spezifischer Mythos des Christentums. Ziegler verband mit ihm kein genuin christliches, geschweige denn kirchliches Anliegen, sondern sah im Logos zunächst nur die gegebene, vorfindliche Überlieferung, an die allein angeknüpft werden konnte. Zielbild war ihm die mittelalterlich-deutsche Reichsidee, das „Heilige Reich der Deutschen“ (so ein Buchtitel von 1925), in dem er Wohlfahrt und Frieden verwirklicht sah. Der Reichsgedanke verband Ziegler überdies mit den „Reichstheologen“ im Umfeld der Konservativen Revolution, die ein autoritäres, hierarchisch gegliedertes Reich, aber eben keinen totalitären Staat herbeisehnten, wie er ab 1933 Platz greifen sollte.

Die Möglichkeit zur Anknüpfung an die Reichsidee schien Ziegler in der Neuzeit ohnedies nur noch eingeschränkt gegeben. Das „in der Zeit verwirkte Reich“ war für ihn keine politische Option mehr. Was blieb, war allein die „Überlieferung“ (Titel auch seines Hauptwerks von 1936), die genug Substanz bot, ein ganzes Leben an ihr auszurichten. Und die er aufgehoben sah „in der sichtbaren Landschaft draußen“, den Bergen, Tälern und Seen seiner badischen Heimat.

Die Bibliothek des Konservatismus (BdK) ist ein Ort konservativen Denkens und Schaffens in Berlin. Sie dient gleichermaßen dem Sammeln und Erhalten konservativer Literatur, wie der Weiterentwicklung konservativen Gedankenguts durch Vorträge und Publikationen.

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