Es darf keine „vergessenen“ oder „gerechten“ Opfer mehr geben

Erika Steinbach sprach über Erfahrungen ihres Lebens

Erika Steinbach in der BdK

Die langjährige Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen (BdV), Erika Steinbach, stellte am 27. April 2017 vor rund 120 Zuhörern in der Bibliothek des Konservatismus ihr Buch „Flucht, Vertreibung, Mahnung – Menschenrechte sind nicht teilbar. Erfahrungen meines Lebens“ vor. Zentrales Anliegen dieses autobiographisch gefärbten Werkes ist der Versuch der parteilosen Bundestagsabgeordneten, das Schicksal der Vertriebenen dauerhaft in das Bewußtsein aller Deutschen zu rücken. In ihrem Vortrag widmete sich Erika Steinbach vornehmlich der Frage, inwieweit der 8. Mai ein Tag der Befreiung war und für wen er tatsächlich nur den Übergang von einer totalitären Herrschaft zur nächsten bedeutete. Auch nach dem 8. Mai 1945 hätten die Menschenrechte immer noch keinen allgemeinen Stellenwert in Europa gehabt.

Es habe die Befreiung von der nationalsozialistischen Terrorherrschaft in Deutschland und Europa gegeben, ebenso wie die Befreiung vom Elend des Krieges. Für alle diejenigen, die mehr tot als lebendig die Konzentrationslager überlebt hatten, war es natürlich eine Befreiung, so Steinbach weiter. Aber eine Befreiung von Gewaltherrschaft und Diktatur habe es nur im Westen Europas gegeben, nicht im Osten.  Tatsächlich konnte es sogar geschehen, daß der Weg für ein und denselben Menschen aus dem nationalsozialistischen KZ Theresienstadt in das Beneš-Theresienstadt führte.

Steinbach betonte, daß es für die Vertriebenen, die Deportierten und Vergewaltigten dieser Zeit wie eine Verhöhnung ihres Schicksals klinge, wenn man diesen 8. Mai 1945 pauschal als „Tag der Befreiung“ bejubele. Tatsächlich kamen in der Folge 2,5 Millionen Deutsche um und 11,5 Millionen wurden vertrieben, allein, weil sie Deutsche waren. Diese Massenvertreibung mit der Erklärung von Hitlers Herrschaft zu rechtfertigen, sei falsch. Es werde etwas gerechtfertigt, was nicht zu rechtfertigen sei. Für Steinbach stellt es eine Mißachtung der Opfer des Holocaust und der nationalsozialistischen Verbrechen dar, wenn diese zur Legitimierung der Vertreibungsverbrechen instrumentalisiert würden. Nicht nur Deutschland, sondern alle Völker Europas müßten sich ihrer Vergangenheit und Verantwortung stellen. Sie wolle keine „vergessenen“ oder „gerechten“ Opfer mehr. Neben den Deutschen Vertreibungsopfern habe es die ebenfalls nicht beachteten Opfer der stalinistischen Terrorherrschaft in der Ukraine, in Polen, unter den Krimtataren, Kosaken und Armeniern gegeben. Der Mut zu vollständiger Wahrheit sei weder in Deutschland noch in den Ländern, aus denen vertrieben wurde, durchgehend vorhanden. Niemand brauche Angst vor der Relativierung der Opfer des Nationalsozialismus zu haben, so Steinbach abschließend, relativiert aber würden die Schicksale danach folgender Opfer bis heute.

Einen Mitschnitt der Buchvorstellung finden Sie demnächst hier.

 

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