Nicht Gesellschaft, sondern Gemeinschaft erzeugt soziale Wärme

Gerd Habermann sprach über den Kapitalismus als Wirtschafts-, Sozial- und Rechtsordnung

Gerd Habermann

Unter dem provokanten Titel „Die soziale Wärme des Kapitalismus – die soziale Kälte des Wohlfahrtsstaats“ hielt Gerd Habermann am 22. März 2017 vor über 70 Zuhörern in der Bibliothek des Konservatismus ein Plädoyer für eine liberal-konservative Sicht auf Staat, Markt und Familie. Er kritisierte dabei sowohl sozialistische und kollektive Ideologien, die nur das Geld der anderen umverteilen wollten, als auch diejenigen Liberalen, die einen selbstbezogenen Egoismus vertreten, dem „nichts über sich selbst gehe“.

Kapitalismus definierte Habermann mit Max Weber als eine Lebensordnung. Es sei nicht nur eine Wirtschafts-, sondern auch eine Sozial- und Rechtsordnung. Als Tauschsystem benötige der Kapitalismus keine „soziale Wärme“, da er mit Verfahrensgerechtigkeit, Vertragstreue und Vertrauen auskomme. Aber er erwirtschafte die Erträge und Gewinne, die Gemeinschaften zur Verfügung stünden, um die soziale Wärme auch materiell abzusichern.

Der Potsdamer Sozialphilosoph erklärte, daß „soziale Wärme“ als Maß der menschlichen Anteilnahme am Nächsten, als Gefühlsbindung im Rahmen von Zugehörigkeitsgefühlen (Ehe, Familie Freundschaft, Heimat, Volk, Nation) zu verstehen sei. Diese persönlichen Bindungsgefühle an konkrete Gemeinschaften seien um so größer, je kleiner die Gruppe sei. Die sozialen Temperaturgrade nehmen also von innen nach außen hin ab. Abstrakte, konstruierte Gesellschaften (Europa, Klasse, Marktwirtschaft, Staat, Menschheit) könnten diese Bindungsgefühle dagegen nur schwach vermitteln. Die politische Gemeinschaft (Volk, Nation), so Habermann, erzeuge eine relative soziale Wärme durch persönliche Bindungsgefühle. Dagegen erzeuge „der Staat“ als unpersönliches Zweckinstrument (Ämter, Behörden, Bürokratie) soziale Kälte durch vergesellschaftlichenden Zwang. Gerade der moderne Wohlfahrtsstaat sei der natürliche Feind der tradionellen Gemeinschaften, weil er diese nichtstaatlichen Abhängigkeitsverhältnisse (Ehe, Familie, Volk) durch eine zwangsgesicherte Abhängigkeit vom Staat ersetzen oder verdrängen wolle. Staatliche Umverteilung führe zur Gleichgültigkeit der Menschen untereinander und somit zur Auflösung von Gemeinschaft.

Abschließend erklärte Habermann, daß Liberale verstehen müßten, daß der Kapitalismus als Lebensordnung traditionelle Gemeinschaften und Werte zur Voraussetzung habe. Konservative dagegen sollten verstehen, daß der Kapitalismus die Bewahrung dieser Voraussetzungen ermögliche und der (Wohlfahrts-)Staat auf eine Vergesellschaftung und die Zerstörung dieser traditionellen, gewachsenen Strukturen ausgerichtet sei.

 

 

 

 

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