Der Konservatismus der Zukunft setzt auf alternative Sichtweisen, vergessene Einsichten und originelle Begriffe

Peter Hoeres über den Konservatismus nach der Postmoderne

Peter Hoeres

Am 11. März 2020 hielt Peter Hoeres im Rahmen der Themenreihe „Konservativ heute“ einen Vortrag zum Thema „Nach der Postmoderne – Vorspiel eines Konservatismus der Zukunft“. Der Würzburger Historiker begann mit einer Bestandsaufnahme der Lage in der Postmoderne, um sich dann dem Feld des Politischen zuzuwenden und Postulate für einen Konservatismus der Zukunft zu skizzieren.

In der Postmoderne, so Hoeres, sei die Idee aufgekommen, daß alles Wirkliche nur konstruiert sei und es keine Beständigkeit gebe. Diese Sicht habe sich in der Mitte des 20. Jahrhunderts durchgesetzt und wir befänden uns nunmehr in der Phase einer radikalisierten Postmoderne. Diese schlage sich unter anderem nieder in den Identitätspolitiken von immer neuen Gruppen, die sich als Opfer der Unterdrückung durch „alte weiße Männer“ stilisierten. Damit zerfalle die Gesellschaft in einen Pluralismus von Minderheiten, die staatliche Anerkennung und Gleichstellung forderten. Dieser radikale Konstruktivismus sei zu einer Alltags- und Hintergrundphilosophie unserer Tage geworden, die keine metaphysische Wahrheit mehr anerkenne. Ihre größte Waffe sei dabei die Moralität, die den vermeintlichen Tätern ein schlechtes Gewissen einzupflanzen versuche. Dies sei, mit Nietzsche gesprochen, eine Erfindung des Ressentiments, um die Starken, die Mutigen und die Vornehmen zu brechen und deren Werte umzuwerten. Durch die allfällige, permanente und machtgestützte Moralisierung sei der Konservative inzwischen so schwach geworden, daß er immer nur Rückzugsgefechte führe. Es bleibe eigentlich nur, den Konstruktivismus gegen sich selbst zu wenden, so Hoeres.

Die Darstellung der daraus folgenden politischen Implikationen begann der Historiker mit drei Warnungen. Der Konservatismus dürfe erstens nicht entschärft und entpolitisiert werden, denn Beliebigkeit und Unverbindlichkeit höhlten jeden Begriff aus. Zweitens könne das bloße Festhalten am Überkommenen zu einer Selbstradikalisierung führen. Drittens dürfe man nicht glauben, der Konservatismus habe keine Theorie. Eine geschlossene Theorie wie bei Marx oder Hegel gebe es zwar tatsächlich nicht, doch gerade der späte Hegel habe eine konservative Grundhaltung, die durchaus mit einer konservativen Großtheorie zusammenpasse.

Wenn der Konservative, zwar skeptisch, aber doch von einer anthropologischen Sonderstellung des Menschen spreche, so sei dies auch begründungs- und theoriebedürftig. Dies setze sich fort über die Staats- und Gesellschaftsphilosophie, die Wirtschaftstheorie und so weiter. Ins Positive gewendet, brauche man einen trennscharfen, polemischen Begriff von Konservatismus, eine entwicklungsfähige, auf Veränderungen und Revolutionen reagierende Theorie. Denn Konservative seien realistische Betrachter der Lage, aus welcher sie furchtlos Konsequenzen zu ziehen imstande seien. Es sei vordringlich, eine konkrete konservative Programmatik zu entwerfen, sonst gerate man ständig in die Defensive, ohne eigene Alternativen zu haben.

Ein heutiger Konservatismus sei angesichts eines dominanten linken und linksliberalen Zeitgeistes nicht mehr status-quo-orientiert und vordergründig staatstragend. Er stehe in Opposition zur Political Correctness, gegen die linke Identitätspolitik und gegen Sprachdiktate. Ein Konservatismus, der gegen diese und andere neue Konventionen rebelliere, werde damit zwangsweise anarchisch und unkonventionell. Er setze auf alternative Sichtweisen, vergessene Einsichten und originelle Begriffe. Man müsse an der der Theorie arbeiten und daraus durchaus nicht harmlose Konsequenzen ziehen. Konservative sollten widerstehen, sich verweigern, Solidarität untereinander üben und kreativ sein. Die konservative Tugend der Stunde sei ein heroischer, nämlich unbestechlicher und das Risiko der zeitweiligen Isolation in Kauf nehmender Wille zur Erkenntnis und zur Wahrheit, komme sie gelegen oder ungelegen. Dann, so Hoeres abschließend, könne auch ein Konservatismus der Zukunft erkennbar werden.

Das Video des Vortrags sehen Sie demnächst hier auf unserer Seite.

Die Bibliothek des Konservatismus (BdK) ist ein Ort konservativen Denkens und Schaffens in Berlin. Sie dient gleichermaßen dem Sammeln und Erhalten konservativer Literatur, wie der Weiterentwicklung konservativen Gedankenguts durch Vorträge und Publikationen.

Mehr Informationen...

Kategorien