Ist die Kulturrevolution gescheitert oder haben die ’68er gesiegt?

Bettina Röhl, Cora Stephan, Jörg Friedrich und Gerd Held diskutierten über das Epochenjahr 1968

Jörg Friedrich, Cora Stephan, Norman Gutschow (Moderator), Bettina Röhl und Gerd Held (v.l.n.r.): Sind die heutigen Probleme Deutschlands direkt auf die 68er zurückzuführen?

 

Am 30. Mai 2018 gingen die Publizisten Bettina Röhl, Cora Stephan, Jörg Friedrich und Gerd Held vor 120 Zuhörern in der Bibliothek des Konservatismus der Frage nach, ob es einen „Kulturbruch ’68“ gegeben habe. In der Vorstellungsrunde erläuterten die Podiumsteilnehmer zunächst ihr persönliches Verhältnis zu jener Zeit und stellten ihre Thesen zu den Ereignissen auf.

Gerd Held erlebte die Zeit in Osnabrück und Hannover, machte 1968 sein Abitur und wurde zu dieser Zeit politisiert. In den 1970er war er beim KBW (Kommunister Bund Westdeutschlands), den er in den 80ern mit auflöste. Für ihn war die Studentenrevolte der erneute Versuch einer radikalen Minderheit gegen die Moderne zu rebellieren. Cora Stephan erlebte die Zeit zunächst als kulturelle Befreiung durch Mode und Musik aus England und den USA, bis sie während ihres Studiums in Frankfurt wegen ihrer „konsumistischen Haltung“ als „unpolitisch“ kritisiert wurde. Die Liberalisierung und Modernisierung habe es bereits gegeben, so Stephan, die „68er“ hätten dagegen eine krude antikapitalitsiche und antiliberale, revolutionäre Haltung gehabt.

Jörg Friedrich kam in den 1960er Jahren nach West-Berlin, um dem Grundwehrdienst zu entgehen und wurde nach eigenem Dafürhalten „innerhalb einer Woche“ in seiner WG zum „Weltrevolutionär“. Das Bewußtsein, daß alles bisherige falsch und nichtig sei, nun aber die Zeit gekommen wäre, um mit den Eltern, Eliten, Professoren usw. abzurechnen und etwas Neues zu schaffen, wäre der große Antrieb gewesen. Nicht Gewaltlosigkeit, sondern ein maßloses Verlangen nach Überwindung des „Falschen“, Richter der Gesellschaft zu sein und mit Gewalt „Rache zu nehmen“ an allen, die dieses „System“ mittrugen, war für ihn das Motiv der Studentenrevolte. Bettina Röhl, die zu jener Zeit als Kleinkind von ihren Eltern in den ersten „Kinderladen“ gebracht wurde, prangerte die Selbtsherrlichkeit der 68er an, die im „besten Deutschland aller Zeiten“ gelebt hätten und aus sorgenfreier Langeweile eine „Kulturrevolution“ vom Zaun brachen, um, ganz im Sinne Maos, die bestehende Kultur zu zerstören. Dies wirke sich bis heute aus und „68“ habe letztlich gesiegt.

Das Podium war sich im Grundsatz einig, daß die Bewegung, die unter „68“ subsumiert wird, von den Folgen des Wirtschaftswunders und den sich daraus ergebenden Modernisierungen und Liberalisierungen profitierte und diese nicht anstieß oder gar ins Werk setzte. Vielmehr sei es der Versuch einer kleinen elitären Gruppe gewesen, eine Revolution anzustoßen und auch durchzuführen. Uneinigkeit bestand im Fortwirken von „’68“. Während Stephan und Held dafür plädierten, nicht alles den Achtundsechzigern anzulasten und auch gerade bei den nachfolgenden Generationen die Fehler für heutige Versäumnisse zu suchen, waren Friedrich und vor allem Röhl der Ansicht, daß die Auswirkungen jener Zeit bis heute fortdauerten und viele der heutigen Probleme Deutschlands direkt auf das Wirken der ’68er zurückzuführen seien.

Ein Video der Podiumsdiskussion können Sie demnächst hier sehen.

 

Die Bibliothek des Konservatismus (BdK) ist ein Ort konservativen Denkens und Schaffens in Berlin. Sie dient gleichermaßen dem Sammeln und Erhalten konservativer Literatur, wie der Weiterentwicklung konservativen Gedankenguts durch Vorträge und Publikationen.

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