Die Freiheit gegen den Hypermoralismus unserer Zeit verteidigen

Alexander Grau sprach über Hypermoral und die neue Lust an der Empörung

Alexander Grau in der BdK

Am 10. Januar 2018 stellte der Philosoph Alexander Grau sein neues Buch „Hypermoral – Die neue Lust an der Empörung“ vor über 120 Zuhörern in der BdK vor. Für Grau steht der Begriff der Hypermoral symptomatisch für die heutige Zeit, die sich durch ein Zuviel an Moral in der Gesellschaft und der öffentlichen Diskussion auszeichne. Der Cicero-Kolumnist warnte allerdings davor, sich über die „neue Lust an der Empörung“ zu empören, denn auch dies sei Empörung. Bevor man die Hypermoralisierung der Gesellschaft beklage, müsse man sich vergegenwärtigen, durch welche Mechanismen der Hypermoralismus zur herrschenden Ideologie werden konnte.

Im folgenden erläuterte der Referent die Entstehung der Moral, ihren Übergang zum Moralismus und die daraus resultierende Erfindung des Hypermoralismus. In den postideologischen Gesellschaften des Westens wolle sich der modern aufgeklärte Mensch nicht mit willkürliche Normen zufrieden geben, sondern gut begründbare, aber unideologische moralische Standards haben. Doch eine Moral, die man begründen wolle, lasse sich nur ideologisch begründen, so Grau, eine ideologiefreie Moralbegründung könne es nicht geben. Vormals sei Moral aus übergeordneten Normensystemen wie Religion, Tradition oder kultureller Überlieferung abgeleitet worden, doch der postideologische Moralismus erhebe den Anspruch, selbstbegründend zu sein. Daher werde die Ideologie hinter der Moral verschleiert. Um den Anschein zu erwecken, unideologisch zu sein, müsse Moral zur Ideologie werden und damit werde aus Moral Moralismus. Die herrschende Hypermoral sei ein vereinheitlichender Moralismus, der den Pluralismus der Gesellschaft im Namen höherer Normen gleichsam einebne. Vielfalt werde so zur Einheitsideologie und Toleranz verordnet. Doch Toleranz, die im Namen des Individuums parteilich ist, werde repressiv, so der promovierte Philosoph, sie werde „totale Toleranz“. Durch diesen Hypermoralismus werde aus der Befreiuung von tradierten Vorstellungen lediglich die Gefangenschaft im Zeitgeist.

Von daher erkläre sich, so Grau, daß sich Konservative heutzutage von Verteidigern der Moral zu ihren schärfsten Kritiker entwickelt haben. Der Abwehrkampf des alten Konservatismus gegen die Moderne und für den Erhalt von Privilegien für eine bestimmte Schicht sei durch den gesellschaftlichen und politischen Bedeutungsverlust des Konservatismus im 20. Jahrhundert nunmehr umgewandelt in den Kampf für die Freiheit des Individuums gegen das groteske Dogma des Hypermoralismus. Gegen die in den westlichen Gesellschaften dominierende linksliberale Elite entfalte der Konservatismus sein subversives Potential. Damit, so Grau, zeige sich die freiheitliche Botschaft, die schon immer im Konservatimsus steckte: daß ein  sogenannter Fortschritt nicht zwangsweise notwendig und alternativlos, sondern vielmehr vermeidbar sei.

 

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