Konservative Politik ergibt sich aus erfahrungsgestütztem Realismus

Andreas Rödder über Konservatismus im 21. Jahrhundert

Andreas Rödder

Am 3. April 2019 sprach Andreas Rödder über „Konservatismus 21.0 – Eine bürgerliche Antwort auf den Populismus“. Der in Mainz lehrende Historiker trug zunächst seine Definition des Konservatismus vor, um darauf aufbauend einen modernen, liberalen Konservatismus für das 21. Jahrhundert zu skizzieren. Anhand von praktisch-politischen Beispielen zeigte er dann auf, wie konservative Politik aus seiner Sicht heutzutage handeln könne und solle.

Rödders Sympathie gilt dem englischen Konservatismus, dem es laut Lord Salisbury darum gehe, „den Wandel zu verzögern, bis er harmlos geworden ist“. Die Gleichsetzung von Konservatismus mit Stillstand sei falsch. Vielmehr gehe es darum, den Wandel so zu gestalten, daß er für die Menschen verträglich werde und so überhaupt sinnvoll gelingen könne. Ein solcher liberaler Konservatismus wolle bewahren, könne dies paradoxerweise aber nur im unausweichlichen Wandel. Daher bedürfe es einer Grundskepsis gegen das Neue, welches sich erst beweisen müsse, um dann als „Altes“ bewahrt zu werden. Für Rödder braucht konservatives Denken und Handeln jenes Maß und jene Mitte, von denen Aristoteles in seiner Philosophie sprach. Dagegen sei die Ideenlehre Platons der Vorläufer theoriebasierten, eher linken Denkens. Konservatismus setze auf einen erfahrungsgestützten Realismus, den man auch als menschenfreundliche Alltagsvernunft bezeichnen könne, im krassen Gegensatz zu jenen utopischen Vorstellungen, mit abstrakten Theorien und Modellen einen „neuen Menschen“ und eine „bessere Gesellschaft“ zu konstruieren.

Analog zu seinem neuen Buch „Konservativ 21.0  – Eine Agenda für Deutschland“ kam Röder im Anschluß auf konkrete politische Vorschläge zu sprechen, die sich aus diesem liberalen Konservatismus für das 21. Jahrhundert ergeben würden. Beispielhaft nannte er außenpolitische Verantwortung, eine flexible Europäische Union, klare Regeln und deren Durchsetzung in der Frage der Migration und eine Leitkultur für Deutschland. In der internationalen Politik müsse Deutschland mehr Realismus beweisen und sich stärker engagieren. Dazu gehöre eine außenpolitische Strategie und eine deutliche Stärkung der Bundeswehr. In Fragen der Europäischen Union solle man sich wieder mehr an dem Konzept der zwei Geschwindigkeiten orientieren und eine flexiblere EU gestalten, im Gegensatz zum derzeitigen Leitbild einer „ever closer union“.

Es liege auf der Hand, so Rödder weiter, daß eine offene Gesellschaft Grenzen brauche, um weiterhin offen zu sein. Die Aussage, ein Staat könne seine Grenzen nicht schützen, bedeute nicht weniger als die Selbstaufgabe der Gesellschaft. Daher brauche es ein funktionierendes deutsches und vor allem europäisches Grenzregime, welches die Außengrenze der EU schütze und qualifizierte Einwanderung nach klaren Regeln ermögliche. Im Inneren brauche Deutschland zudem eine Leitkultur. Die deutsche Gesellschaft habe das Recht, wenn nicht gar die kulturelle Pflicht, die Einhaltung ihrer Standards zu erwarten und auch einzufordern. Eine bürgergesellschaftliche Leitkultur sei nicht mehr und nicht weniger, so der Historiker abschließend, als die Grundlage einer offenen Gesellschaft. Diese ermögliche Zusammenhalt, vermittle Heimat, ermögliche Patriotismus, knüpfe erfahrungsgestützt an Traditionen an und verbessere das Bewährte. Dies sei zukunftsweisend konservativ.

 

Das Video des Vortrags sehen Sie demnächst hier auf unserer Internetseite.

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