Mitteleuropäisches Miteinander statt EU-Zentralismus

Antje Hermenau über die Sicht der Sachsen auf die Welt

Antje Hermenau

Am 14. August 2019 stellte Antje Hermenau ihr aktuelles Buch „Ansichten aus der Mitte Europas – Wie Sachsen die Welt sehen“ vor. Die ehemalige Landtags- und Bundestagsabgeordnete der Grünen brachte die Einstellung der Sachsen zur Politik auf den simplen Grundsatz: „Loofen muß es!“ Man arbeite gern und fleißig, übernehme Eigenverantwortung und schaffe produktiv die Mittel für den Staat heran – doch dieser, seine Beamten und die verantwortlichen Politiker, müßten dafür sorgen, daß es eben „laufe“. Sei dies nicht der Fall, würden die geduldigen Sachsen zunächst abwarten, doch irgendwann auch Protest anmelden gegen eine Politik, die einfach nicht funktioniere und ihre Steuermittel verschleudere.

In ihrer Lesung trug Hermenau teils Persönliches, teils Amüsantes, aber auch Ernstes vor, so daß man sich die Sachsen am Ende als eigenwillige, durchaus widerständige, aber dennoch gastfreundliche und liebenswerte deutsche Version der Schweiz vorstellen mochte. Diesen mitteleuropäischen Zusammenhang betonte die ehemalige Bundestagsabgeordnet immer wieder stark. Die Sachsen seien, wie andere deutsche Regionen (z. B. Bayern oder Thüringen), ein Teil Mitteleuropas, zu dem auch Tschechien, die Schweiz, Österreich, die Slowakei und andere gehörten und eine gemeinsame Mentalität teilten. Kleine Regionen mit überschaubarer Bevölkerung, die durch regionale Nähe verbunden seien. Diese mitteleuropäische Kleinteiligkeit habe bei allen diesen Staaten einen Blick für das Eigene geschärft, in Abgrenzung, aber nicht Feindschaft zum je Anderen. Produktive Konkurrenz sei die Folge. Der europäische Gedanke sei hier also einer der Nachbarschaft der Verschiedenen, die etwas Gemeinsames hätten. Es gelte mitteleuropäisches Miteinander statt Brüsseler oder Berliner Zentralismus.

Die Anfeindungen, die Sachsen in den letzten Jahren durch die veröffentlichte Meinung in Deutschland erfahren habe, hänge eng damit zusammen, so Hermenau. Wer kleinteilig und gemeinschaftlich lebe und arbeite, sei immer offen für jeden, der sich einbringe und beteilige, doch Fremdbestimmung aus der Ferne werde abgelehnt. Das derzeitige politische Aufbegehren in Sachsen sei stark davon beeinflußt, daß man sich hier frage, wie Deutschland seine wirtschaftliche Produktivität aufrechterhalten und ein Sozialstaat bleiben könne, wenn für „Griechenlandrettung“, Energiewende und Migrationskosten Milliarden ausgegeben würden, die es doch zu erwirtschaften gelte. Wie Slowaken und Tschechen erbost waren, daß sie trotz niedrigerer Löhne und Renten den Griechen ihren deutlich höheren Lebensstandard finanzieren sollten, so fragten sich auch die Sachsen, warum sie unsinnige und verschwenderisch teure Großprojekte aus Berlin und Brüssel finanzieren sollten – gerade wenn damit der vorbildliche deutsche Sozialstaat in die Krise gerate. Die Sachsen seien ein freundliches, weltoffenes Völkchen, das Fremde gern willkommen heiße und mit den anderen Mitteleuropäern gut auskomme, so Hermenau abschließend. Doch wenn „es nicht loofe“, die Regierenden ihre Steuerzahler hinters Licht fühle und die Gemeinsamkeiten in Deutschland und Mitteleuropa bedroht seien, behalte sich Sachsen Einspruch, Protest und friedlichen Widerstand gegen zentralistischen Unfug vor.

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