Naturkonservatismus bedeutet Umkehr zu traditionellen Werten wie Familie und Heimat

Volker Kempf über Herbert Gruhl und den ökologischen Konservatismus

Volker Kempf

Am 4. Juli 2018 sprach der Soziologe Volker Kempf in der Themenreihe Konservativ heute zum Thema „Ökologischer Konservatismus – Herbert Gruhl im totalitären Zeitalter“. Der Erste Vorsitzende der Herbert-Gruhl-Gesellschaft stellte zunächst den Lebensweg von Herbert Gruhl dar, der diesen vom Bauernsohn in der Lausitz zum Bundestagsabgeordneten und Vorkämpfer eines bewahrenden ökologischen Konservatismus machte. Mehr noch als Politiker hat Gruhl sich als Schriftsteller und konservativer Mahner vor dem leichtfertigen Umgang mit der Natur einen bedeutenden Rang erworben. Stellte „Ein Planet wird geplündert“ noch vorwiegend eine Bilanz der Umweltzerstörung dar, so wurden in „Das irdische Gleichgewicht“ konsequent die geistigen und gesellschaftlichen Ursachen eines selbstmörderischen Umgangs mit der Umwelt aus einer konservativen Perspektive hinterfragt.

Kempf skizzierte zunächst den Lebensweg Gruhls, seinen Einstieg in die Politik und dann sein Engagement für den Schutz von Natur und Umwelt, die ihn der CDU entfremdeten und zum Mitbegründer zunächst der Grünen und dann der ÖDP machten. Gruhl sei bereits in seiner Jugend ein widerständiger Charakter gewesen, der dem nationalsozialistischen Jungvolk schon 1934 den Rücken gekehrt hatte. Nach Kriegsdienst und Flucht aus der Gefangenschaft kehrte er in seine Heimat zurück, um festzustellen, daß es mit einer sozialistischen Diktatur weiterging. Gruhl zog 1947 nach Berlin und begann ein Studium der Philosophie, Germanistik, Anglistik und Geschichte an der Humboldt-Universität, wechselte jedoch wegen der fortschreitenden Stalinisierung 1949 an die Freie Universität. Nach seiner Promotion 1957 über Hugo von Hofmannsthal zog er in die Nähe von Hannover und engagierte sich in der CDU. Für diese zog er 1969 in den Deutschen Bundestag ein. Gruhls erste Aufgabe lag bei der Mitarbeit im Innenausschuß, der für den Umweltschutz mit zuständig war, ein Thema, das ihn nicht mehr loslassen sollte

1970 wurde Gruhl Leiter der „Arbeitsgruppe für Umweltvorsorge“ der CDU/CSU-Fraktion und der gleichlautenden Arbeitsgruppe der Partei. Hier forderte er, daß es mehr als ein paar technische Maßnahmen für die Umweltvorsorge geben müsse, die ein blinder Fleck in der Politik sei. Deshalb legte Gruhl 1975 sein Buch „Ein Planet wird geplündert – Die Schreckensbilanz unserer Politik“ vor und wurde auch Vorsitzender des neugegründeten Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Die CDU entzog ihm nach der Bundestagswahl 1976 seine bisherigen Aufgaben. Gruhl trat aus der Union aus und gründete 1978 die Grüne Aktion Zukunft (GAZ), die sich mit anderen Gruppierungen 1979 zu den neugegründeten „Grünen“ zusammenschloß. Gruhl war als parteiloser Abgeordneter bis 1980 damit faktisch der erste Grüne im Bundestag. Da die neue Partei für erfolglose kommunistische Gruppen interessant wurde, die bald die Mehrheit innehatten, schaffte es Gruhl nicht mehr, die verschiedenen politischen Strömungen zu integrieren, wurde nicht in den Vorstand gewählt und gründete in der Folge 1982 die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP).

Laut Kempf hatte sein Abschied auch damit zu tun, daß sich seine Haltung aus konservativen Motiven speiste. Als Bauernsohn waren ihm die Natur, die Artenvielfalt und der Schutz der Heimat und ihres Charakters wichtig. Anreize zu umweltverträglichem Handeln erschienen ihm sinnvoller als staatliche Lenkung und Planung. Die Verschandelung der Natur durch Windkrafträder wäre ihm ein Graus gewesen, da hier nur im Namen der Umwelt Natur zerstört werde. Daher, so Kempf, setzte Gruhl anstelle eines leichtgläubigen Vertrauens in ein immerwährendes wirtschaftliches Wachstum und den technischen Fortschritt auf eine Ethik des Verzichts, der Bescheidenheit und die Umkehr zu traditionellen Werten wie Familie und Heimat. Diese Haltung umschrieb er mit dem 1988 von ihm geprägten Begriff des „Naturkonservatismus“. Gruhl wollte eine Umweltvorsorge, die Natur bewahrt und den Menschen in seine Umwelt einbringt, nicht staatliche Bevormundung der Bürger und Verplanung der Menschen. Sein ökologischer Konservatismus, so Kempf abschließend, wendete sich gegen die globale Ausbreitung der „multikulturellen“ Industriegesellschaft, den Kampf gegen die Bevölkerungsexplosion und den ungebremsten Ressourcenverbrauch durch Schaffung eines Bewußtseins der Menschen für ihre Heimat, Region und die Natur mit und in der sie leben.

 

Die Bibliothek des Konservatismus (BdK) ist ein Ort konservativen Denkens und Schaffens in Berlin. Sie dient gleichermaßen dem Sammeln und Erhalten konservativer Literatur, wie der Weiterentwicklung konservativen Gedankenguts durch Vorträge und Publikationen.

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