Nur der Generalsekretär des regierenden Komitees wurde ausgewechselt (Video & Podcast)
Die Kolumnisten Henryk M. Broder und Reinhard Mohr blicken zurück auf den Übergang von der Ampelregierung zur Regierung Merz

Henryk M. Broder (l.) und Reinhard Mohr stellen ihr Buch vor
Die Vorstellung ihres Buches Good Morning, Gemanistan! – Wird jetzt alles besser? am 22. Oktober 2025 haben die beiden Kolumnisten Henryk M. Broder und Reinhard Mohr dazu genutzt, die Zeit des Wechsels von der Ampelregierung zur Regierung von Friederich Merz, die seit Mai 2025 im Amt ist, in den Blick zu nehmen. Das Buch hatten sie im April des Jahres beendet, als schon klar gewesen sei, daß Merz Bundeskanzler werde.
Als optimistische Menschen hätten sie im Regierungswechsel nach der gescheiterten Ampelregierung die Möglichkeit zu einem Politikwechsel gesehen. Es sei aber kein Regierungswechsel gewesen, sondern die „Ablösung des Generalsekretärs des regierenden Komitees“. Dabei seien viele Persönlichkeiten, die zur Zeit der Ampelregierung prominent im Rampenlicht standen, jetzt schon wieder von der Bildfläche verschwunden.
Broder meinte, daß er zum Beispiel die ehemalige Familienministerin Lisa Paus (Grüne) wirklich „vermissen“ würde, wie sie mit stoischer Ruhe ihre Sätze heruntergeleiert habe. Niemand sei imstande gewesen, sie im Kabarett auf der Bühne darzustellen. Ihr hätten wir „dieses wahnsinnige Selbstbestimmungsgesetz“ zu verdanken. Ihr hätten wir es auch zu verdanken, daß sich von nun an jeder Mann zur Frau erklären könne. „Das ist tatsächlich in einem hochzivilisierten, hochentwickelnden Land durchgekommen“, so Broder. Er verwies auf den Fall eines verurteilten Straftäters, der sich zur Frau erklärt hatte und darauf freute, in einem Frauengefängnis am besten in einer Mehrbettzelle untergebracht zu werden.
Reinhard Mohr machte darauf aufmerksam, daß Realität immer weniger eine Rolle spiele, er sprach gar von einem „System der Realitätsverweigerung“. Zum Beispiel hätte jeder gutwillige Mensch in Deutschland verstehen können, was Friedrich Merz mit seiner Aussage zum „Problem“ im „Stadtbild“ meinte. Die Probleme mit der Sicherheit und die Überfremdung im öffentlichen Raum lägen klar auf der Hand. Die Bemerkung von Merz sei zwar ungenau gewesen, verrückt sei aber die Hysterie, die deswegen ausbreche.
Dieses Land sei in einem hysterischen Dauerzustand, ergänzte Broder. Dabei führte er die mediale Berichterstattung und die zahlreichen Demonstrationen als Beispiel an, hervorgerufen durch das Medienunternehmen „Correctiv“. Ein Treffen von politisch engagierten Bürgern nahe Potsdam sei skandalisiert worden, als ob es eine Neuauflage der Wannseekonferenz von 1942 gewesen wäre, bei der die Ermordung der Juden Europas organisiert wurde. Broder zitierte den Publizisten Johannes Gross (1932–1999), um diese Gemütslage zu erklären: „Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen.“
Im Zusammenhang damit erkennt Broder eine Veränderung des Demokratieverständnisses. Er machte darauf aufmerksam, daß es seit vier oder fünf Jahren einen Begriff gebe, der laute „unsere Demokratie“. Auch Friedrich Merz würde diesen Begriff verwenden. Broder fragte: „Also, wenn es – logisch gesehen – ‚unsere Demokratie‘ gibt, muß es auch die ‚Demokratie der anderen‘ geben, nicht?“ Und wenn es die „Demokratie der Fischer“ gebe, müsse es auch die „Demokratie der Bauern“ geben. Oder die „Demokratie der Hobbyeisenbahner“. Andere wiederum würden auf die „Demokratie der Hobbygärtner“ setzen. Er sei sehr skeptisch, ob das mit dem Begriff „unserer Demokratie“ auf die Dauer gutgehe.
Unsere Demokratie solle sich inklusiv anhören. „Ein Angebot an Menschen, die sich einbringen wollen,“ führte Broder aus. Doch das habe freilich einen schwer exklusiven Unterton wie einst die Formel „unserer Kreise“, als noch das Bürgertum auf Abstand zu den niederen Schichten geachtet habe. Broder stellte fest: „‚Unsere Demokratie‘ grenzt aus.“ Das sei ein gewagtes Spiel im Umgang mit der AfD, die bundesweit jeder Fünfte gewählt habe und im Osten Republik jeder Dritte. Broders Rat bei all diesem ist: „Schluß mit dieser Realitätsverweigerung!“ Er plädiert für eine Anerkennung der Realität in der Einwanderungspolitik, in der Energiepolitik sowie im Umgang mit der AfD.
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