Phrasen stehen dem Nachdenken im Weg und verhindern absichtsvoll die Diskussion

Alexander Kissler erklärte, warum mit Phrasen Schluß sein muß

Sprach mit kopfnickendem Wackeldackel: Alexander Kissler

Am 21. August 2019 sprach Alexander Kissler über sein aktuelles Buch „Widerworte – Warum mit Phrasen Schluß sein muß“. Der langjährige Journalist des Cicero sparte nicht mit Kritik an der eigenen Zunft, nahm aber vor allem die Politik munter aufs Korn. Für Kissler vermitteln Phrasen den irrigen Eindruck, als seien sie das Ergebnis eines langen Nachdenkens, dabei stünden sie bereits dessen Beginn im Weg. Phrasen seien eher Stoppschilder und keine Wegweiser. Ihr natürliches Habitat sei die Politik.

Sehr pointiert und scharfsinnig zeigte Kissler einige der fünfzehn Phrasen auf, die er in seinem Buch durchdekliniert und mit Widerspruch belegt. Besonders interessant sei die Phrase „Jeder verdient Respekt“, so der Kulturjournalist. Heutzutage gebe es dutzende Stiftungen, Initiativen und Vereine, die sich die Einforderung von „Respekt“ auf die Fahnen geschrieben hätten, und dies für jeden. Neuerdings hätten alle ein Recht auf den Respekt der Anderen. Noch Anfang des 20. Jahrhunderts jedoch habe es Respekt nicht vor einem, sondern für einen Menschen gegeben. Respekt galt der Respektsperson. Doch heute heiße Respekt Applaus ohne Ansehen der Leistung. Daher wollten viele auch den Respektlosen Respekt zukommen lassen. Doch auch wenn der respektvolle und der Respektlose Träger der Menschenwürde seien, so verdiene nur einer der beiden auch Respekt. Daher, so Kissler, offenbare sich die Phrase als sinnentleert. Wer wirklich in einer respektvollen Gesellschaft leben wolle, der dürfe nicht für jeden Respekt einfordern, sondern müsse Respektlosigkeiten ächten. Viel zu vieles verdiene nämlich keinen Respekt.

So zeigte Kissler anhand von weiteren Beispielen wie „Wir müssen zur Sacharbeit zurückkehren“ oder „Haltung zeigen!“ auf, daß sich unsere Sprache dahingehend verändert habe, daß mit Hilfe von Phrasen nichts mehr ausgedrückt, sondern vielmehr versteckt werden solle. Die Politik nutze rhetorisch-moralische Allgemeinplätze, gepaart mit einer öffentlich-medialen Redeweise, um die Begriffe in einen sinnentleerten Gleichklang zu setzen. Damit werde Sprache durch Phrasen zum Herrschaftsinstrument. Positionen würden nicht mehr zur freien Diskussion gestellt, sondern das Denken verriegelt. Freiheit aber, so Kissler abschließend, beginne mit dem Denken. Daher müsse mit Phrasen Schluß sein, müßten sie hinterfragt, auf ihren Sinn oder Unsinn geprüft und Phrasendrescher für ihre Inhaltslosigkeit gestellt werden. Der Kampf gegen Phrasen sei ein Kampf für freie Rede, Meinungsäußerung und Diskussion. Die Freiheit unserer Gesellschaft bedürfe der steten Widerworte gegen dies Stoppschilder des offenen Diskurses.

 

 

 

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