Seine Begeisterung für Gedichte weckte das Mißtrauen der Stasi (Video & Podcast)

Der DDR-Dissident Siegmar Faust berichtete aus seiner Haftzeit

Siegmar Faust (links) und Karl-Heinz Bomberg bei der musikalisch umrahmten Lesung

Am 25. Juni 2025 stellte der DDR-Dissident Siegmar Faust den ersten Band seiner Autobiographie „Verdoppeltes Leben“ vor, in dem er sein Leben in der DDR bis 1976 behandelt. Der Liedermacher und Psychoanalytiker Karl-Heinz Bomberg, der zusammen mit Faust inhaftiert war, umrahmte die Lesung musikalisch.

Faust erzählte, wie er durch die Lektüre der Schriften von Karl Marx in seiner Jugend zunächst ein glühender Sozialist wurde. Wie viele seiner Zeitgenossen habe er sich für einen „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ begeistert, der damals 1968 durch den Prager Frühling propagiert wurde. Er habe versucht, Mitglied der SED zu werden.

Doch zugleich habe er eine Faszination für Lyrik entwickelt. Insbesondere die Dichtung des US-Amerikaners Walt Whitman (1819-1892) habe es ihm angetan. Er schrieb selbst Gedichte und habe am Literarturinstitut der DDR studiert, um „Diplom-Schriftsteller“ zu werden. In seiner Freizeit organisierte er private Lyriklesungen mit oft 30 Teilnehmern. Als er die Gedichte von Karl Marx gelesen habe, sei ihm deren stilistische und inhaltliche Dürftigkeit aufgefallen.

Seine Begeisterung für Dichtung und die Organisation von Lyriklesungen unabhängig von Partei- oder Staatskontrolle weckten das Mißtrauen des sozialistischen Regimes. Die Stasi griff zu, Faust geriet in die Mühlen des Systems. Unveröffentlichte Manuskripte seien bei seiner Verhaftung beschlagnahmt worden. Schließlich habe die Stasi ihn in das Untersuchungsgefängnis in Dresden verbracht, wo sie ihn vernahm. Akribisch hätten die Vertreter des Regimes seine meist unveröffentlichten Gedichte nach „staatsfeindlicher Hetze“ durchsucht.

Zusammen mit einem anderen Häftling sei er in eine Zelle gesperrt gewesen. Dieser war aus dem Westen in die DDR eingereist und hatte sich als möglicher BND-Agent verdächtig gemacht. Auf Anregung von Faust ließen sie sich eine Bibel in die Gefängniszelle kommen. Gegenseitig hätten sie sich daraus vorgelesen. Insbesondere die Beschäftigung mit dem Buch Hiob habe ihnen Zuversicht und Kraft gegeben, die inhumanen Haftbedingungen zu überstehen. Doch seine Odyssee durch die verschiedenen DDR-Haftanstalten endete hier nicht. Schließlich ist Faust von der Bundesregierung freigekauft worden und konnte 1976 in den westlichen Teil Deutschlands übersiedeln.

 

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