Von der „Branntweinpest“ bis zum Transhumanismus

Alexander Wendt über die Drogenwelt des 21. Jahrhunderts

Alexander Wendt

Der Journalist und Autor Alexander Wendt stellte am 22. November 2019 sein Buch „Kristall – Eine Reise in die Drogenwelt des 21. Jahrhunderts“ vor. Der ehemalige Focus-Redakteur und jetzige Mitarbeiter von Tichys Einblick zeigte in einigen Passagen aus seiner Reportage die Geschichte der Drogen und deren Konsumierung in unserer Gesellschaft auf. Von den Alkoholexzessen der europäischen Ländern über die Entdeckung und den profitablen Handel mit Opium schlug er den Bogen bis zur heutigen Diskussion über die Cannabis-Freigabe, chemische Drogen und die Transhumanismus-Bewegung.

Der diesjährige Preisträger des Gerhard-Löwenthal-Preises für Journalisten erklärte zunächst, warum Menschen oftmals von Drogen nicht loskommen. Der Konsum beruhe auf einem Tauschgeschäft, bei dem man eine Funktion seines Körpers eintausche. Der Wunsch, etwas Großartiges zu erhalten, über die Grenzen des Normalbewußtseins zu treten oder Müdigkeit, Hunger, Schmerz, Kränkung zu überwinden, stehe hinter dem Wunsch nach Drogen. Die journalistische Redlichkeit gebiete es, so Wendt, sowohl über die angenehmen Rauscheffekte und die Fragen der Strafbarkeit offen zu sprechen als auch Sucht, Abhängigkeit, Entzug und körperliche Probleme von Drogen zu problematisieren. Er sehe sich als Chronist der Drogenwelt, die er weder verherrlichen noch verteufeln wolle.

Schaue man sich die Geschichte des Drogenkonsums in Europa an, so müsse man feststellen, daß wir nicht in besonders dramatischen Zeiten lebten, vielmehr der Rausch früher noch weiter verbreitet war. Bier, Wein und Schnaps hätten, ebenso wie Opium, im 18. Jahrhundert unangefochten zum öffentlichen wie privaten Leben gehört. Erst als es zum Mittel der Massen wurde, habe sich die Sicht verändert. Die „Branntweinpest“ zu Beginn des 19. Jahrhunderts und der stetig steigende Opiumkonsum in der Gesellschaft führten zum Versuch der Einschränkung und Verboten wie dem Beer Act (1830) und dem Pharmacy Act (1868), die aber eher halbherzig waren. Solange der Staat mit Opium gutes Geld verdiente (Opiumkriege gegen China), passierte wenig. Daher, so Wendt, könne man sagen, daß die westliche Welt nie wieder so high zusammenkam, wie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Im 20. Jahrhundert änderte sich diese Einstellung vermehrt, doch habe sich gezeigt, daß jeglicher Versuch einer Prohibition von Drogen den Konsum nur kriminalisiere, aber nicht einschränke, ihn teilweise noch erhöhe.

Für ihn, so Wendt, sei es wichtig, daß über Drogen, ihre Wirkung und die Abhängigkeit aufgeklärt werde, denn ein größeres Wissen schütze unbedarfte Konsumenten und halte auch mehr vom Konsum ab als Verbote, die neugierig machten. Seine Betrachtungen schloß der Journalist mit einem Blick auf den Transhumanismus ab. Hier werde versucht, das Bewußtsein des Menschen zu erweitern. Zunächst Implantationen von Technik zur Verbesserung der menschlichen Intelligenz, dann gezielte Zuführung von Substanzen. Dadurch könnten Menschen mehr Wissen speichern und dies assoziativ besser verknüpfen.  Der nächste Schritt sei dann die Verbindung von menschlicher mit künstlicher Intelligenz. Was sich wie Science fiction oder Brave New World anhöre, werde bereits in Vorstufen erarbeitet, zunächst in der medizinischen Forschung (Alzheimer, Demenz), doch auch weitergehende Planungen liefen bereits. So könnte eine Kombination aus Chemie und Technik den Transhumanismus vorantreiben und möglicherweise zur Droge des 21. Jahrhunderts werden. Bei dieser Vorstellung war es auch dem Referenten nicht wirklich wohl.

 

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