Wir müssen unser gemeinschaftliches Erbe erneuern

Roger Scruton sprach über die Bedeutung des Konservatismus heute

Sir Roger Scruton

Am 29. Juni 2017 hielt der britische Philosoph Sir Roger Scruton vor 70 Zuhörern in der Bibliothek des Konservatismus seinen Vortrag „Konservativ sein heute – Nationale Identität, Globalisierung und Netzwelt“. Er stellte klar, daß der Konservatismus von einer Einstellung ausgehe, die reife Menschen leicht annehmen könnten. Nämlich, daß gute Dinge leicht zerstört, aber nicht leicht erschaffen werden können. Dies treffe vor allem auf jene guten Dinge zu, welche die Menschen in Form kollektiver Güter genießen: Frieden, Freiheit, Gesetz, Höflichkeit, Gemeinsinn, Sicherheit des Eigentums und das Familienleben. Diese Einstellung sei aber zugleich auch ein Grund dafür, so Scruton, warum die Konservativen in der öffentlichen Meinung in einer so nachteiligen Position seien. Die Einstellung der Konservativen sei wahr, aber langweilig, die Einstellung der Gegner des Konservatismus dagegen aufregend, aber falsch.

Daher, so Scruton, würden sich die meisten Politiker niemals mit Konservatismus beschäftigen. Sie machten sich keine Gedanken über die Wurzeln der Gesellschaftsordnung , die Vorstellung von einer Nation und ihrer moralischen „Persönlichkeit“, belächelten das Erbe der christlichen Zivilisation und verstünden nicht, daß Ehe und Familie das sine qua non der sozialen Reproduktion darstellten. Dieser Art Politiker warf der konservative Philosoph vor, nicht nur zuzulassen, daß Europa eine Zeit der tiefen Unsicherheit erlebe,  sondern gleichzeitig auch zu verhindern, daß die Debatte, die nötig wäre, stattfinden könne. Es sei die Debatte über Identität, über die Frage, wer wir sind und was uns zu einer Gemeinschaft mache. Wie kann es gelingen, die Jugend für diese Gemeinschaft zu gewinnen, und was machen wir mit denen, die sich ihr verweigern? Dafür müsse man sich mit der Idee der Identität beschäftigen, was bereits von Edmund Burke und David Hume klar herausgestellt worden sei. Im Anschluß an diese beiden Denker erklärte Scruton, daß eine politische Gemeinschaft eben keine Geschäftsbeziehung oder ein Vertragsgeschäft sei. Vielmehr handle es sich um eine historische Ansiedlung, die durch Sitten, Loyalität und eine Art Heimat- und Zusammengehörigkeitsgefühl gekennzeichnet sei, die wiederum ihren höchsten Ausdruck in einer Nationalkultur finde. Identität hänge stark ab von Nachbarschaftlichkeit und „kleinen Einheiten“, sie basiere auf der Liebe zwischen den Generationen, die nur in Familien wirklich entstehen könne.

Seit jeher sei diese Frage nach der Identität in der Nation ein Kernbestand der konservativen Philosophie. Der Konservatismus, so Scruton abschließend, möchte unsere Gesellschaften erneuern, und zwar als Gesellschaften gesetzestreuer und verantwortlicher Bürger, die in der Lage sind, Opfer für das Gemeinwohl zu erbringen, und die zusammenarbeiten, um gemeinsame Institutionen sowie eine gemeinsame Lebensweise zu schaffen. Für den angelsächsischen Philosophen ist die Aufgabe der heutigen Zeit klar: Wir müssen unser Erbe als Gemeinschaft erneuern.

Der Vortrag wird im Rahmen der Themenreihe „Konservativ heute“ in einem Sammelband der BdK veröffentlicht werden.

Einen Mitschnitt des in englischer Sprache gehaltenen Vortrags finden Sie hier.

 

Die Bibliothek des Konservatismus (BdK) ist ein Ort konservativen Denkens und Schaffens in Berlin. Sie dient gleichermaßen dem Sammeln und Erhalten konservativer Literatur, wie der Weiterentwicklung konservativen Gedankenguts durch Vorträge und Publikationen.

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