Nicht schlafwandelnd, sondern bei vollem Bewußtsein

Wie Englands Griff nach der Weltmacht den Ersten Weltkrieg auslöste

Helmut Roewer in der BdK

Helmut Roewer

Der Frage nach den Ursachen des Ersten Weltkriegs widmete sich am 1. Dezember 2016 Helmut Roewer, der vor rund 120 Zuhörern sein Buch „Unterwegs zur Weltherrschaft. Warum England den Ersten Weltkrieg auslöste und Amerika ihn gewann“ vorstellte. Der studierte Jurist und Historiker vertritt in seinem Werk die These, daß ein Teil der englischen politischen Elite, vor allem Angehörige der upper class und Mitglieder der konservativen Partei, seit dem späten 19. Jahrhundert auf einen Krieg gegen das Deutsche Kaiserreich hinarbeiteten, um einen potentiellen Rivalen auszuschalten.

Der ehemalige Präsident des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz wandte sich klar gegen die These des deutschen Historikers Fritz Fischer (1908–1999) vom Griff nach der Weltmacht des Deutschen Kaiserreichs. Im Gegensatz zu vielen Fischer-Gegnern wolle er zwar Deutschland nicht für gänzlich unschuldig erklären, gleichwohl in seinem Buch aufzeigen, daß es Englands Griff nach der Weltmacht war, der letztlich kriegsauslösend wurde. Roewer attestierte daher auch dem australischen Historiker Christopher Clark einen sehr guten Diskussionsbeitrag, bestand jedoch darauf, daß eben nicht alle Politiker vor dem Ersten Weltkrieg „Schlafwandler“ gewesen seien, sondern viele im Gegenteil bei vollem Bewußtsein und klarem Verstand alles dafür Taten, damit es zu einem Krieg, insbesondere gegen Deutschland, kam.

Namentlich sprach er den britischen Premierminister Henry Asquith, Außenminister Edward Grey und Richard Haldane (1905–1912 Kriegsminister, danach Lordkanzler) an, die gemeinsam hinter dem Rücken des damaligen liberalen Parteivorsitzenden Henry Campbell-Bannerman an einem möglichen Krieg arbeiteten. Schließlich lebte Großbritannien mangels ausreichender Exporte über seine Verhältnisse und stieß allerorten auf den wirtschaftlich so erfolgreichen Konkurrenten Deutschland. Diesen unerfreulichen wirtschaftlichen Zustand wollten die drei hochrangigen Politiker, so Roewer, tatsächlich durch Krieg gegen Deutschland überwinden. Im Jahr 1914 hatten schließlich Asquith, Grey und Haldane alle notwendigen politischen Schlüsselstellungen inne, um hinter dem Rücken des englischen Volkes und am englischen Parlament vorbei in den Krieg einzutreten. Helmut Roewer sprach letztlich keine der am Ersten Weltkrieg beteiligten Nationen völlig von einer Teilschuld frei, aber England habe, in Gestalt von Asquith und seinen Mitstreitern, schließlich den Brand entfacht und den Krieg absichtsvoll ausgelöst – nicht schlafwandelnd, sondern bei vollem Bewußtsein.

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