„Der Konservative bleibt der Sieger der Geschichte“

Zehn Jahre BdK: Festakt und Bestandsaufnahme

Podiumsdiskussion: Andreas Kinneging, Egon Flaig, Wolfgang Fenske, Karlheinz Weißmann und David Engels (v. l. n. r.)

 

Vor fast zehn Jahren, am 23. November 2012, öffnete die Bibliothek des Konservatismus (BdK) ihre Pforten für den öffentlichen Nutzerverkehr. Grund genug, im Vorfeld dieses Jubiläums auf die geleistete Arbeit zurückzublicken und eine Bestandsaufnahme zu wagen: Wofür steht der Konservatismus in den intellektuellen Auseinandersetzungen der Gegenwart und wie ist es um seine politischen Aussichten bestellt?

Rund 80 Gäste aus dem In- und Ausland versammelten sich am 8. Oktober 2022 im Lesesaal der BdK, um sich über diese Fragen auszutauschen. Begrüßt wurden sie von Dieter Stein, dem Vorsitzenden des Stiftungsrates der Förderstiftung Konservative Bildung und Forschung (FKBF), die die Bibliothek trägt. Er erinnerte an die Vorgeschichte der Bibliothek, die mit den Beständen des Herausgebers der konservativen Theoriezeitschrift Criticón, Caspar von Schrenck-Notzing (1927–2009), ihren Anfang nahm.

Bibliotheksleiter Wolfgang Fenske stellte in einer tour d‘horizon die aktuellen Tätigkeitsbereiche der BdK vor und formulierte die Herausforderung, der sich der Konservatismus heute zu stellen habe: „Jedem Populismus hat der Konservatismus die akademische Vertiefung und selbstkritische Reflexion voraus; einer ‚Neuen Rechten‘ den ständigen Rückbezug auf die abendländisch-metaphysische Tradition; der Christdemokratie die Einsicht, daß es nicht genügt, ‚auch konservativ‘ zu sein, wenn man denn konservative Ziele verfolgen will; dem Libertarismus das Bewußtsein der sozialen Verfaßtheit des Menschen, die in der Familie, nicht im Individuum, ihre kleinste Einheit findet.“

Andreas Kinneging bei seinem Festvortrag

Damit war zugleich die Überleitung zum inhaltlichen Teil des Tages gegeben. Andreas Kinneging, Professor für Rechtsphilosophie an der Universität Leiden/NL, hielt den Festvortrag zum Thema: „Konservativ und national? Eine notwendige Differenzierung“.  Kinneging beschrieb Aufklärung und Romantik als die beiden großen Gegner der abendländischen Tradition. Zumal Konservative hätten die Romantik oft als Gegenspieler der Aufklärung begriffen und einen romantischen Begriff der Nation in Ansatz gebracht, der auf Ideen wie Eigentlichkeit und Authentizität ziele. Diese seien nicht nur modern, sondern, wie die Geschichte gelehrt habe, auch anfällig für Totalitarismen. Daneben gebe es jedoch auch einen Nationbegriff traditioneller Provenienz, der sich auf die Gemeinschaft als klassische Grundlage von Politik und Gesellschaft beziehe. Ihn gelte es wiederzuentdecken und in ein Prinzip der Subsidiarität einzubeziehen, das kleineren Gemeinschaften wie Dörfern und Regionen ebenso ihr Recht zugestehe wie größeren – insbesondere Europa, das jedoch nicht mit der Europäischen Union verwechselt werden dürfe.

In der anschließenden Podiumsdiskussion, an der sich unter der Leitung von Wolfgang Fenske neben Kinneging der Historiker und Publizist Karlheinz Weißmann sowie die Althistoriker David Engels und Egon Flaig beteiligten, ging es unter anderem um die Frage, ob die Aufklärung als Gegner der Tradition anzusehen sei oder ob die „Errungenschaften der Aufklärung“ zuallererst verwirklicht werden müßten. Auch über das Verhältnis der Romantik zur deutlich älteren Nation wurde diskutiert.

Podium 2: Marco Gallina, Werner Patzelt, Dieter Stein, Gergely Prőhle, Alvino-Mario Fantini (v. l. n. r.)

In einer weiteren Podiumsdiskussion, die von Dieter Stein moderiert wurde, ging es um das Thema „Konservatismus heute – Bestandsaufnahme und Ausblick“. Alvino-Mario Fantini, Herausgeber der Zeitschrift „The European Conservative“, Gergely Prőhle, ehemaliger ungarischer Botschafter in Deutschland und Direktor der Otto-von-Habsburg-Stiftung in Budapest, Werner Patzelt, emeritierter Politikwissenschaftler an der Universität Dresden und Marco Gallina, Redakteur bei „Tichys Einblick“, berichteten aus ihren jeweiligen Perspektiven. Gallina verwies darauf, daß Italien vorgeführt habe, wie eine konservative Partei Wahlen gewinnen könne. Fantini und Prőhle mahnten die Bereitschaft an, rechts der Mitte taktische Bündnisse zu schließen, freilich ohne von den eigenen, konservativen Positionen auch nur „einen einzigen Millimeter“ abzuweichen. Patzelt schließlich riet zu Gelassenheit und Ironie: Die meisten Positionen des politischen Gegners erwiesen sich mit der Zeit als unhaltbar, so etwa in Sachen Pazifismus, Geschlechterpolitik und Atomausstieg. Der Konservative bleibe der Sieger der Geschichte.

Videomitschnitte von Festvortrag und Podiumsdiskussionen finden Sie demnächst auf dieser Seite, als Audiomitschnitt auch auf unserem Podcast „Forum“.

Die Bibliothek des Konservatismus (BdK) ist ein Ort konservativen Denkens und Schaffens in Berlin. Sie dient gleichermaßen dem Sammeln und Erhalten konservativer Literatur, wie der Weiterentwicklung konservativen Gedankenguts durch Vorträge und Publikationen.

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