Angriff auf die europäischen Traditionsbestände

Norbert Bolz über den alten weißen Mann

Norbert Bolz liest aus seinem Buch

Am 5. April 2023 stellte der emeritierte Professor der TU Berlin, Norbert Bolz, sein neues Buch „Der alte weiße Mann“ vor. Für alle Übel und das Böse in der Welt hätten die „Kulturrevolutionäre der Politischen Korrektheit“ einen Sündenbock gefunden: den alten, weißen Mann. Der Medienwissenschaftler zeigte auf, wie die zunächst harmlos wirkende Charakterisierung des „alten, weißen Mannes“ zu einem politischen Kampfbegriff wurde, um sich sogleich um seine Ehrenrettung zu bemühen.

Der Kampf gegen „alte weiße Männer“ richte sich gar nicht gegen die Männer als solche, sondern, schlimmer noch, gegen die Fundamente unserer Zivilisation, wie etwa Rationalität und Wissenschaftlichkeit, die unweigerlich mit dem Attribut „männlich“ verwoben seien. Bolz deutet diesen Begriff jedoch positiv, da er für die historischen Errungenschaften stehe, die die freie Welt einst begründet hätten. Bemerkenswert sei zunächst, daß sich dieser Begriff seinen Weg von einem Nischendasein bis in die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten habe bahnen können. Da dem Begriff eine kulturrevolutionäre Agenda anhafte, sei seine Ausbreitung ein Zeichen der Verschärfung des Kulturkampfes gegen die europäische Tradition und deren Werte.

Bolz deckt die Zusammenhänge dieser Begriffsdynamik des „alten weißen Mannes“ mit der „Political Correctness“ und der „Cancle Culture“ auf, die alle aus demselben Geist entstanden seien. Folglich gehe es in seinem Buch nicht ausschließlich um den „alten, weißen Mann“, sondern um das vergiftete Debattenklima, die gesellschaftlichen Spaltungen, das Anprangern von anderen Meinungen, eine übersteigerte Wehleidigkeit der „Woken“ und die Frage nach Opferhierarchien, die allesamt Ausdruck einer selbstzerstörerischen Tendenz der Gegenwart seien. Genau dadurch werde die freie Meinungsäußerung zum Risiko. Das belege ein Blick auf die Universitäten. Besonders an den geisteswissenschaftlichen Fakultäten seien wissenschaftliche Fördermittel für politisch nicht konforme Themen kaum mehr zugänglich. Bolz zeichnet dementsprechend ein ernüchterndes Bild der Gegenwart, in der die Gegner der europäischen Werte die Überhand über den öffentlichen Debattenraum gewonnen hätten. Durch das Unterstellen von angeblichen Privilegien würden Kritiker des „woken Zeitgeistes“ mundtot gemacht werden. Es handele sich dabei um die Forcierung eines negativen kulturellen Gewissens, durch das der Kampf gegen die eigene Geschichte legitimiert werden solle.

Ganz bewußt habe er sich darum bemüht, seine Analyse so voraussetzungsarm wie möglich zu gestalten, so Bolz. Gleichwohl weist er in seinem Buch immer wieder auf die geistigen Ursprünge der aufgezeigten Entwicklung hin und nimmt dabei vor allem die linken Theoretiker aus den 1960er und 70er Jahren in den Blick. Besonders die Namen Michel Foucault und Antonio Gramsci sind immer wieder gefallen. Bolz‘ Empfehlung, wie man gegen diese Tendenzen vorgehen könne, zielt seiner Profession gemäß auf einen intellektuellen Widerstand und die Rückbesinnung auf die ursprünglichen Werte der Aufklärung. Diese könne nach Lage der Dinge derzeit nur von einem bürgerlichen Konservatismus geleistet werden.

Audio- und Videomitschnitte des Vortrags fin den Sie demnächst auf dieser Seite.

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