Dem Staat nicht die Definition von Wissenschaft überlassen

Dieter Schönecker sprach über Grund und Grenze der Wissenschaftsfreiheit

Dieter Schönecker bei seinem Vortrag

Dieter Schönecker, Professor für Praktische Philosophie an der Universität Siegen, sprach am 29. Mai 2024 zum Thema „Akademische Verbannung – Über die Wissenschaftsfreiheit und ihre Feinde“. In seinem Vortrag kritisierte er die zunehmenden Einschränkungen von Forschung und Lehre an deutschen Hochschulen. Besonders in den Geisteswissenschaften hätten Nachwuchswissenschaftler mit Forschungsinteressen jenseits des akademischen Mainstreams kaum noch Chancen, da linke Ideologien die Hochschulen dominierten.

Schönecker wies eingangs darauf hin, daß bereits das Problem der „akademischen Verbannung“ oft geleugnet werde, was er als „Metamythos“ bezeichnete. Er betonte, daß diese Problematik an den Universitäten selbst diskutiert werden müsse, doch werde häufig versucht, dies zu verhindern. Das habe er selbst erlebt, als er im Wintersemester 2018/2019 unter anderem Norbert Bolz, Egon Flaig, Marc Jongen und Thilo Sarrazin zu einer Vortragsreihe zum Thema Meinungsfreiheit eingeladen und deswegen mit starken Widerständen und der Streichung finanzieller Mittel zu kämpfen hatte.

Obwohl Deutschland in Studien zur Wissenschaftsfreiheit oft Spitzenplätze belegt, warnte Schönecker, daß diese Studien meist nur staatliche Einschränkungen betrachteten und die Bedrohung „von unten“, also aus der Wissenschaft selbst, vernachlässigten. Er kritisierte die moralische Unfehlbarkeit vieler „woker“ Akteure an den Universitäten, die Begriffe wie „Rassismus“ inflationär ausweiten, bis sie alles und nichts bezeichneten.

Schönecker warnte indes auch vor Bedrohungen der Wissenschaftsfreiheit von rechts. So sagte er auf einer Podiumsdiskussion der Hayek-Gesellschaft im Oktober letzten Jahres, daß die AfD bei einer Regierungsübernahme wohl die „Gender Studies“ verbieten würde. Diese Haltung fand die Zustimmung des dortigen Publikums, was Schönecker als Beleg dafür sieht, daß sowohl linke als auch rechte Akteure die Wissenschaftsfreiheit bedrohten. Dagegen hielt er fest, daß man sich konsequent für die Wissenschaftsfreiheit aller Wissenschaftler einsetzen müsse, unabhängig von politischen Überzeugungen.

Die anschließende Diskussion drehte sich unter anderem um die Frage, wie formal das Verständnis von Wissenschaft, deren Freiheit es zu verteidigen gelte, zu fassen sei. Ob die Wissenschaftsfreiheit etwa auch für die erwähnten „Gender Studies“ gelte, die zu großen Teilen selbst unter massivem Ideologieverdacht stünden, blieb bis zuletzt strittig. Thilo Sarrazin, der als Gast anwesend war, meinte, der Staat dürfe bestimmen, wofür öffentliche Gelder ausgegeben werden, was Schönecker vehement ablehnte. Er warnte davor, dem Staat die Definitionshoheit über Wissenschaft zu überlassen.

Eine solche Debatte, darin waren sich alle einig, müßte eigentlich an den Universitäten geführt werden. Daß sie dort nicht geführt, sondern in die Bibliothek des Konservatismus ausgelagert werde, gebe einen Vorgeschmack auf eine künftige Bildungslandschaft, in der staatliche Träger ihre Pflicht zur Sicherstellung der Wissenschaftsfreiheit vernachlässigten.

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