Die Ampel-Regierung hat der AfD zum Durchbruch verholfen

Hermann Binkert sprach über die Zukunft des deutschen Parteienstaats

Hermann Binkert bei seinem Vortrag

Die deutsche Parteienlandschaft befindet sich seit Jahren in einem dramatischen Umbruch. Warum es sich dabei nicht um eine vorübergehende Erscheinung handelt, sondern um eine Entwicklung, die den Parteienstaat auf Dauer prägen wird, erläuterte Hermann Binkert, Chef des Meinungsforschungsinstitutes INSA, einem einem Vortrag am 17. Januar 2024.

In welchem Maße sich die politische Landschaft im Umbruch befinde, veranschaulichte Binkert anhand der politischen Selbstverortung der Befragten bei der Sonntagsfrage. Vor zwei Jahren hätten sich rund 20 Prozent der Befragten „rechts der Mitte“ verortet, heute seien es 28 bis 30 Prozent der Bürger. Erst vergleichsweise spät habe die AfD von dieser Entwicklung profitiert. Weder die Euro-Rettungskrise, deretwegen sich die Partei einmal gegründet hatte, noch die Flüchtlingskrise ab 2015 hätten ihr, zumal im Westen Deutschlands, zum Durchbruch verholfen. Erst die Ampel-Regierung unter Bundeskanzler Olaf Scholz habe die AfD in ganz Deutschland auf Werte von über 20 Prozent, im Osten sogar über 30 Prozent gebracht. Hintergrund sei, daß die „Ampel“ beim Bürger jegliche Reputation eingebüßt habe: „Olaf Scholz könnte jetzt übers Wasser gehen, und die Leute würden trotzdem nur sagen: Sieh an, nicht mal schwimmen kann er!“

Die AfD habe mittlerweile einen festen Wählerstamm ausgebildet, so daß sie dauerhaft zum Parteiensystem gerechnet werden müsse. Dies sei auch dem Umstand geschuldet, daß AfD-Wähler sich nicht von einzelnen Aussagen aus der Partei beeindrucken ließen, sondern ihr grundsätzlich wohlwollend gegenüberstünden. Auf eine vergleichbare Treue könnten nur die Grünen zählen, deren Wähler sie auch dann unterstützten, wenn sie in inhaltlichen Fragen – wie zuletzt im Hinblick auf Waffenlieferungen in Kriegsgebiete – ihren Kurs ändere. Die Grünen seien auch die einzige Partei, die nicht in nennswertem Maße an Sahra Wagenknechts Neugründung „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) Wähler abzugeben habe. Diese stammten vielmehr von der Linkspartei sowie der AfD. Ob sich das BSW im Parteiensystem werde etablieren könne, hänge auch davon ab, ob die Partei über das prominente Gesicht ihrer Gründerin hinaus genügend Personal finde, sie in Ländern und Kommunen überzeugend zu vertreten. Dieses Problem teile sie mit Hans-Georg Maaßens Neugründung der „Werteunion“ als Partei, denn Maaßen könne nicht in allen Bundesländern die Werteunion vertreten. Wie wichtig das Personaltableau einer Partei sei, zeige der Ausnahmeerfolg der Linkspartei in Thüringen unter Bodo Ramelow. „Ohne ihn wäre die Linke dort untergegangen“, so Binkert.

In der anschließenden Diskussion kam Binkert auch auf den Medienwandel als Motor der politischen Veränderung zu sprechen. So unterstützten die typischen Zuschauer des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die Befragten über 70 Jahren, mit CDU und SPD die traditionellen Volksparteien. Im Gegensatz dazu würden Grüne und FDP als Parteien der Jungen gelten, die eher auf soziale Medien und Youtube-Kanäle zugreifen. „Die neuen Medien verändern die Form der Ansprache“, so der INSA-Chef abschließend.

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