Wider die Moralisierung der Diskussionskultur

Thilo Sarrazin plädiert für die kritische Vernunft im politischen Diskurs

Am 26. Oktober 2022 stellte der Bestsellerautor Thilo Sarrazin sein neues Buch Die Vernunft und ihre Feinde – Irrtümer und Illusionen ideologischen Denkens vor komplett ausverkauftem Haus vor. Der ehemalige Berliner Finanzsenator artikulierte in seiner autobiographisch gefärbten Lesung Kritik am ideologiegesteuerten Zeitgeist, der jede sachliche Diskussion verhindere. Zudem warnte Sarrazin davor, daß ideologisches Denken die Grundlagen der liberalen, demokratischen Gesellschaftsordnung gefährden könne.

Im Zentrum von Sarrazins neuem Buch steht die Frage, was ideologisches Denken eigentlich sei und wie es sich in der Gegenwart äußere. Sarrazin folgt dabei dem Anspruch, mit seinem Buch „zuverlässige Kenntnisse über die Wirklichkeit“ zu vermitteln, die er, wie von ihm gewohnt, faktenreich untermauert. Im Blick hat er bei dieser Analyse das ideologische Denken als solches, egal ob es links, rechts oder religiös begründet sei. In allen Formen handele es sich um eine Bedrohung für die Errungenschaften Europas, wie etwa die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit. Prägend für jedes ideologisches Konzept sei die Tatsache, daß eine sehr klare Vorstellung von „wahr“ und „falsch“ existiere, die sich nicht zwangsläufig auf die Realität stützen müsse, sondern Wunschvorstellungen folge. Zudem könne sich diese aus der Ideologie heraus beanspruchte Wahrheit als Wissenschaft tarnen und dadurch versuchen, Druck auf die gegenwärtige Politik auszuüben. Ein weiteres Kernelement jeder Ideologie sei die Moralisierung der Diskussionskultur und die daraus resultierenden Bestrebungen, den politischen Gegner unschädlich und mundtot zu machen.

Diese Definition, die Sarrazin für ideologisches Denken in unserer Zeit vorlegt, knüpft an seine biographischen Erfahrungen an. Als Beispiel führt er seine Auseinandersetzung mit der SPD im Zuge seines Parteiausschlußverfahrens an. Dabei habe er feststellen müssen, daß die Auseinandersetzung abseits jeglicher Argumente geführt wurde und es nicht um Wahrheitsfindung ging. Vielmehr habe eine unbequeme Gegenstimme aus dem Weg geräumt werden sollen. Seine Publikationen, die als Grundlage des Ausschlußverfahrens dienten, seien von den Verantwortlichen nicht einmal gelesen worden. Daß es lediglich um die moralische Diskreditierung seiner Person ging und nicht um den Wahrheitsgehalt seiner Bücher, sei eine Erfahrung, die er in öffentlichen Auseinandersetzungen häufiger habe erleben müssen.

In der anschließenden Diskussion forderte Sarrazin alle kritisch denkenden Menschen dazu auf, eine faktenbasierte, rationalisierte Weltsicht auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse einzunehmen.

Ein Video des Vortrages sehen Sie demnächst hier auf unserer Seite.

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