Konservatismus ist die Einheit der abendländischen Überlieferung auf dem Fundament der Nation

Alexander Kissler über Rudolf Borchardts konservative Moderne

Alexander Kissler

Am 20. Juni 2018 sprach Cicero-Redakteur Alexander Kissler in der Bibliothek des Konservatismus zur Frage „Gibt es eine konservative Moderne? Auf Spurensuche mit Rudolf Borchardt“. Der über Borchardt promovierte Literaturwissenschaftler stellte dessen Konzept des Konservatismus vor, das sich gegen die Tendenzen einer liberal verstandenen Moderne wende.  Modern sei für Borchardt das Zeitalter der Elastizität, der Reklame, der Parteien, der Masse, des organisierten Vergessens und des Primats der Wirtschaft. Der Konservatismus dagegen stehe für Überlieferung, Geschichte, Prinzipientreue, Realismus und Volk. Der Liberalismus kämpfe mit seinem falschen Fortschrittsbegriff gegen den Bestand abendländischer Kultur. Während der Konservatismus Maßnahmen anrege, stelle der Liberalismus Programme auf. Liberal könne man werden, konservativ müsse man sein. Konservatismus sei eine Weltanschauung, der Liberalismus dagegen habe eine.

Für Borchardt stellen Liberalismus und Konservatismus also klare Gegensätze dar. Doch, so Kissler, gebe es noch ein Drittes, nämlich den revolutionären Blick, für den eine fundamentale Änderung der Welt als Pflicht erscheine. Hierfür stehe exemplarisch Hugo von Hofmannstahl, der am 10. Januar 1927 in seiner Rede „Das Schrifttum als geistiger Raum der Nation“, eine „Konservative Revolution“ einforderte. Borchardt setzte nur Tage später, ebenfalls in einer Rede, seine Idee einer „schöpferischen Restauration“ dagegen. Er erhoffte sich mit diesem Konzept die Möglichkeit einer Renaissance des klassischen europäischen Denkens, eingebunden in die Nation. Der Konservatismus gebe so dem Abendland einen nationalen Gehalt und der Nation eine abendländische Spitze. Er verteidige den freien Willen, weil er die Freiheit verteidige. Er sei schöpferisch, weil er aus dem Bestand des kulturellen Gedächtnisses schöpfe und die Vergangenheit in die Gegenwart hinein bedenke. Borchardts Konservatismus ist daher weder Deutschtümelei noch Kosmopolitismus. Er wolle die Verankerung des Abendländischen im Deutschen und die Zuspitzung des Deutschen im Abendländischen. Konservativ ist somit, wer dem Abendland die Treue hält.

Ein so verstandener Konservatismus diversifiziere die Vergangenheit, weil er ein Gedächtnis habe und damit zum Einspruch gegen die Verzweckung in der liberal verstandenen Moderne werde. Die konservative Moderne sei somit die „kritisierte Moderne“. Borchardts Konservatismus sei ein Realismus, der sehe, daß alles, was ist, geworden sei. Daher, so Kissler abschließend, sei für Rudolf Borchardt der Konservatismus „auf den nationalen Gehalt umgerechnet das Bewußtsein der Einheit abendländischer Überlieferung“.


Den Videomitschnitt des Vortrags sehen Sie demnächst hier.

Die Bibliothek des Konservatismus (BdK) ist ein Ort konservativen Denkens und Schaffens in Berlin. Sie dient gleichermaßen dem Sammeln und Erhalten konservativer Literatur, wie der Weiterentwicklung konservativen Gedankenguts durch Vorträge und Publikationen.

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