Plädoyer für eine realitätsgeleitete Außenpolitik (mit Video)

Martin Wagener warnt vor politischem Wunschdenken

Martin Wagener bei seinem Vortrag

Ist die Welt in Anbetracht der eng aufeinanderfolgenden Krisen aus den Fugen geraten? Nein, meint Martin Wagener, Professor für Internationale Politik, Sicherheitspolitik und Ostasien am Fachbereich Nachrichtendienste der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung. Krisen habe es schon immer gegeben. Für Staaten sei es jedoch wichtig, adäquate Antworten auf sie zu finden. In seinem Vortrag „Eingeschränktes Sichtfeld“ analysierte Martin Wagener am 31. Mai 2023 die Außenpolitik der Bundesregierung vor dem Hintergrund geopolitischer Herausforderungen. Demnach sei jeder Staat den Wirkkräften der internationalen Anarchie ausgesetzt, also den Prozessen der Macht- und Gegenmachtbildung. Besonders für Deutschland sei es notwendig, die treibenden Kräfte der Weltpolitik zu verstehen, wenn es in der Lage sein will, tragfähige Lösungen und Antworten auf die gegenwärtigen Krisen zu finden. Unter diesen „treibenden Kräften“ seien zunächst das globale Bevölkerungswachstum und die begrenzte Verfügbarkeit von Ressourcen zu verstehen. Diese Faktoren müsse Deutschland wieder einkalkulieren, wenn es langfristig auf der internationalen Bühne bestehen und konkurrenzfähig werden will.

Im Zentrum von Wageners Vortrag stand neben der Krise in den diplomatischen Beziehungen zu Rußland und China und der Migrationskrise vor allem der Zustand der Bundeswehr. Alfons Mais, Inspekteur des Heeres, habe in Anbetracht des Ukrainekrieges die mangelnde Verteidigungsfähigkeit Deutschlands beklagt, denn die „Bundeswehr stehe mehr oder weniger blank da“. Wagener fragte in Anschluß an Mais, warum trotz des durchaus hohen Verteidigungsetats bislang so wenig Fortschritte verzeichnet werden konnten. Israel und Finnland zeigten exemplarisch, daß es möglich sei, sogar mit deutlich weniger Geld ein schlagfertiges Heer zu bilden.

Für Wagener gibt es darauf eindeutige Antworten: Aufgrund einer langanhaltenden Friedensphase sei der internationale Druck auf Deutschland sehr gering gewesen, nachhaltig in die Ausrüstung der Bundeswehr zu investieren. Hieraus habe eine geringe Wertschätzung des Heeres resultiert. Hinzu komme die Tatsache, daß entscheidende Wirkkräfte in geopolitischen Konfliktzonen nicht ernst genommen wurden und als historisch überholt abgetan wurden. Aus einem Zusammenspiel dieser Faktoren hätten sich die verantwortlichen Politiker eine Wunschwelt aufgebaut, in der bestimmte Wertvorstellungen dominierten, die einer Überprüfung in der Realität nicht standhalten würden. Hier bedürfe es dringend eines grundlegenden Umdenkens, wie der aktuelle Ukrainekrieg zeige.

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