Untergegangenes Abendland, diskreditierte Nation (mit Video & Podcast)

Siegfried Franke über nationale und supranationale Strukturen im Lichte der Philosophie Kants

Siegfried Franke bei seinem Vortrag

Am 24. April 2024 nahm der emeritierte Stuttgarter Staatswissenschaftler Siegfried Franke den 300. Geburtstag Immanuel Kants zum Anlaß, dessen grundlegende Einsichten auf die Gegenwart anzuwenden. An selbstverschuldeter Unmündigkeit, die laut Kant durch Faulheit und Feigheit der Menschen entstehe, habe sich wenig geändert.

Franke widmete sich in einer Tour d’horizon zunächst den drei „Kritiken“ sowie der „Metaphysik der Sitten“ Kants, bevor er auf dessen Spätwerk „Zum ewigen Frieden“ zu sprechen kam, in dem Kant sich unter anderem mit der Frage beschäftigte, wie Kriege zu verhindern seien. Dazu habe Kant etliche Bedingungen (Präliminarartikel) aufgestellt, die sich in einem Völkerbund verwirklichen ließen, der allerdings nicht überdehnt werden dürfe, da sich hieraus Konflikte zwischen einer über- bzw. supranationalen Jurisprudenz und den nationalen Staatsorganen ergeben können. Anhand verschiedener aktueller internationaler Entwicklungen zeigte Franke auf, daß die Befürchtungen des Königsberger Philosophen nicht unbegründet waren.

Indes sei weder von seiten der deutschen Bundesregierung noch von der EU-Kommission zu erwarten, daß sie sich einer solchen Entwicklung widersetzten. So gehöre es zur „betrüblichen Gegenwart“, daß zumal in Deutschland legitime nationale Positionen durchgängig diskreditiert und damit politisch abgeräumt würden. Doch auch die Europäische Union sei mehr Teil des Problems denn der Lösung, zumal sie sich längst nicht mehr als Wertegemeinschaft im Sinne der Gründerväter der Europäischen Gemeinschaft verstehe, sondern mit Blick auf ihre Geldpolitik äußerst problematische Weichenstellungen vornehme. Angesichts ihrer andauernden Legitimations- und Identitätsprobleme sei die EU derzeit kaum in der Lage, den Frieden nach innen und außen zu gewährleisten.

Was also tun? Der 2020 verstorbene konservative Denker Sir Roger Scruton hat auf das Wirken supranationaler Organisationen hingewiesen, die als internationale Gesetzgeber wirken und die Lasten ihrer Entscheidungen nationalen Jurisdiktionen aufbürden. Von Karlheinz Weißmann stamme indes der Hinweis, daß die Einheit von Nation und Staat als Normalfall politischer Organisation nicht nur in Europa, sondern weltweit gelte. Insofern könne es immer nur um einen vernünftigen Ausgleich legitimer nationaler Interessen einerseits und notwendiger supranationaler Kooperation andererseits gehen.

Weltanschaulich plädiert Franke deshalb für einen „aufgeklärten Konservatismus“. Das sei ein konservatives Verständnis, das religiöse Fundamente achte, kulturelle Traditionen bewahre und auf dieser Basis liberale und soziale Aspekte berücksichtige. Ein derart „aufgeklärter Konservatismus“ achte zugleich die Freiheit im Sinne von Kant.

Sehen Sie hier die Lesung in voller Länge:

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