Vom Partikularinteresse des Westens zu den multiplen Krisen in der Welt

Gudula Walterskirchen analysiert das globale Systemversagen

Gudula Walterskirchen diskutiert mit dem Publikum über ihr neues Buch „Systemversagen“

Am 3. Mai 2023 stellte die österreichische Historikerin und Journalistin Gudula Walterskirchen ihr neues Buch „Systemversagen – Warum wir in eine multiple Krise geraten sind“ in der Bibliothek des Konservatismus vor. In ihrer breiten Analyse des gegenwärtigen Systemversagens zeigte die Autorin anhand von historisch-empirischem Material auf, wie die Kontrollsysteme, die eigentlich vor Krisensituationen schützen sollten, einen permanenten Krisenzustand manifestieren. Ein Systemversagen gelte dementsprechend sowohl für Staaten als auch für Institutionen. Die von Walterskirchen in den Blick genommenen Institutionen würden gerade dann versagen, wenn es sich um globale Institutionen mit weitreichenden Zuständigkeiten handele, die für Partikularinteressen mißbraucht werden.

Doch wie konnte es dazu kommen, daß wichtige internationale Organisationen, die zum Zweck von Frieden- und Gesundheitssicherung geschaffen wurden, ihre Aufgabe nicht mehr adäquat wahrnehmen? Walterskirchen zeigte auf, daß diese Krisen eine lange Vorgeschichte haben und keine schicksalshaften Naturereignisse seien. Verantwortlich dafür sei kein sich im Hintergrund vollziehender geheimer Plan, sondern die in den Institutionen handelnden Personen. Zur Veranschaulichung ihres globalen Ansatzes hat Walterskirchen in ihrem Vortrag einige Beispiele exemplarisch herausgestellt.

Die Vereinten Nationen (UN) seien im Kern, so Walterskirchen, eine „wunderbare Institution“, die sich bemühe, durch Verträge und Diplomatie anstatt mittels Waffengewalt Konflikte zu lösen. Das gegenwärtige Hauptproblem liege allerdings darin, daß sich diese Institution im Laufe der letzten Jahrzehnte nicht weiterentwickelt habe, sondern sich immer noch im Status quo nach dem Zweiten Weltkrieg befinde. Deshalb komme es zu einer geopolitischen Schieflage. Dementsprechend sehe auch die Macht- und Sitzverteilung innerhalb dieser Institutionen aus. Warum sei etwa Indien als eines der bevölkerungsreichsten Länder der Welt ebensowenig vertreten wie ein Land aus Afrika? Diese Schieflage habe dazu geführt, daß diese Länder wirtschaftliche Parallelstrukturen gebildet hätten, die nicht den alten UN-Regeln folgten und mithin auch dem Westen schadeten. Walterskirchen zeigte anhand dieses Beispiels auf, daß insbesondere Partikularinteressen dafür verantwortlich sind, daß sich Institutionen kaum reformieren lassen. Wenn das Versagen solch bedeutender Institutionen auf das Versagen weiterer internationaler Institutionen trifft, wie etwa die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Kontext der Corona-Pandemie, entstehe eine multiple Krise, die für den Frieden in Europa bedrohlich sei, da nicht mehr das Wohl der Bevölkerung im Mittelpunkt stehe.

Im Anschluß an ihren anschaulichen Vortrag hielt Walterskirchen ein Plädoyer für eine Veränderung im Kleinen. Wer schweigt, der stimme zu, so die Österreicherin. Eine Gefahr sei deshalb auch eine sich in der Opferrolle des ungehörten Bürgers gefallende Bevölkerung, die sich in Anbetracht der globalen Strukturen als ohnmächtig ansehe. Vielmehr sei es wichtig, sich aktiv am demokratischen Leben zu beteiligen und dadurch ein Vorbild auch für andere Bürger zu werden, die ähnlich empfinden, um so gemeinsam dem Wandel zuzuarbeiten.

Die Bibliothek des Konservatismus (BdK) ist ein Ort konservativen Denkens und Schaffens in Berlin. Sie dient gleichermaßen dem Sammeln und Erhalten konservativer Literatur, wie der Weiterentwicklung konservativen Gedankenguts durch Vorträge und Publikationen.

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